World Happiness Report

World Happiness Report

So wird Glücksmessung durchgeführt

Glück ist ein universelles Ziel, das alle Menschen verbindet. Wir alle möchten ein zufriedenes, erfülltes Leben führen – und trotzdem ist Glück schwer greifbar. Was bedeutet es eigentlich, glücklich zu sein? Und noch spannender: Kann man Glück überhaupt messen? Genau diese Fragen stehen im Mittelpunkt der modernen Glücksforschung, deren bekanntestes Projekt der World Happiness Report ist. Seit 2012 versucht er, das Glücksempfinden von Menschen weltweit systematisch zu erfassen und vergleichbar zu machen.

In diesem Artikel erfährst du, was Glücksmessung bedeutet, wie sie im Rahmen des World Happiness Reports durchgeführt wird, welche Faktoren dabei eine Rolle spielen und warum dieses Projekt heute so wichtig ist.

Auf den ersten Blick klingt die Idee, Glück messen zu wollen, widersprüchlich. Schließlich ist Glück etwas sehr Persönliches. Für den einen bedeutet Glück, mit der Familie am Tisch zu sitzen, für den anderen ist es beruflicher Erfolg oder das Gefühl von Freiheit. Trotzdem gibt es gute Gründe, Glück wissenschaftlich zu untersuchen:

  • Politische Relevanz: Regierungen nutzen Daten zur Lebenszufriedenheit, um Politik besser an den Bedürfnissen der Bevölkerung auszurichten.
  • Gesundheit: Studien zeigen, dass glückliche Menschen länger leben, gesünder sind und besser mit Stress umgehen.
  • Gesellschaftlicher Fortschritt: Reines Wirtschaftswachstum (BIP) reicht nicht aus, um das Wohlbefinden einer Gesellschaft abzubilden. Glücksmessung kann zeigen, wie es Menschen wirklich geht.

Damit wird klar: Glück ist mehr als ein individuelles Gefühl – es ist auch ein Indikator für den Zustand einer Gesellschaft.

Was ist der World Happiness Report?

Der World Happiness Report (WHR) wurde 2012 erstmals veröffentlicht. Herausgegeben wird er vom Sustainable Development Solutions Network (SDSN) der Vereinten Nationen in Zusammenarbeit mit renommierten Wissenschaftlern. Die Grundlage bilden jährlich erhobene Daten aus dem Gallup World Poll, einer weltweiten Befragung von Menschen in über 150 Ländern.

Das Besondere: Statt nur objektive Faktoren wie Einkommen oder Lebenserwartung zu messen, fragt der WHR die Menschen direkt, wie glücklich sie sich fühlen. Damit kombiniert er subjektive Einschätzungen mit harten Daten – und schafft ein einzigartiges Bild von globalem Wohlbefinden.

Wie funktioniert die Glücksmessung?

Die zentrale Methode der Glücksmessung im World Happiness Report ist die sogenannte Cantril-Leiter. Dabei stellen sich die Befragten eine Leiter mit 10 Sprossen vor:

  • 0 = das schlechtestmögliche Leben, das man sich vorstellen kann
  • 10 = das bestmögliche Leben

Die Teilnehmer beantworten die Frage:
„Auf welcher Stufe der Leiter stehen Sie heute?“

Der Durchschnitt dieser Antworten bildet die Basis für das Ranking der Länder im World Happiness Report.

Ergänzende Faktoren

Um die Unterschiede zwischen den Ländern besser erklären zu können, berücksichtigt der Report zusätzlich sechs Schlüsselfaktoren, die statistisch mit höherer Lebenszufriedenheit zusammenhängen:

  1. Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf – als Maß für materiellen Wohlstand.
  2. Soziale Unterstützung – ob Menschen in schwierigen Zeiten auf Familie, Freunde oder das soziale Netz zählen können.
  3. Gesunde Lebenserwartung – wie viele Jahre Menschen im Durchschnitt bei guter Gesundheit leben.
  4. Freiheit der Lebensgestaltung – das Gefühl, selbst Entscheidungen über das eigene Leben treffen zu können.
  5. Großzügigkeit – gemessen z. B. durch Spendenbereitschaft oder ehrenamtliches Engagement.
  6. Wahrgenommene Korruption – Vertrauen in Regierung und Wirtschaft.

Diese Faktoren erklären, warum einige Länder glücklicher eingeschätzt werden als andere – auch wenn die individuellen Antworten immer subjektiv bleiben.

Emotionale Dimensionen

Neben den Bewertungen auf der Cantril-Leiter werden auch Fragen zu alltäglichen Emotionen gestellt:

  • Haben Sie gestern gelacht?
  • Haben Sie sich gestern geärgert?
  • Haben Sie gestern Freude empfunden?

So entsteht ein Bild, das kurzfristige Emotionen und langfristige Lebenszufriedenheit verbindet.

Warum ist Glücksmessung wichtig?

Die Messung von Glück hat weitreichende Bedeutung – nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für Politik und Gesellschaft.

#1

Alternative zum BIP

Lange Zeit galt das Bruttoinlandsprodukt als wichtigster Indikator für Fortschritt. Doch ein steigendes BIP bedeutet nicht automatisch, dass Menschen zufriedener sind. Glücksmessung ergänzt diese Sichtweise.

Prävention psychischer Erkrankungen

Wer versteht, welche Faktoren Menschen glücklich machen, kann Strategien entwickeln, um Depressionen, Burn-out und andere psychische Erkrankungen vorzubeugen.

#3

Politische Steuerung

Länder können anhand der Daten erkennen, wo sie nachbessern müssen – z. B. im Gesundheitswesen, bei sozialer Ungleichheit oder beim Vertrauen in Institutionen.

#4

Globale Vergleichbarkeit

Der World Happiness Report zeigt, wie unterschiedlich Wohlbefinden weltweit verteilt ist – und wo Länder voneinander lernen können.

Kritik und Grenzen der Glücksmessung

So faszinierend der World Happiness Report ist, er bleibt nicht ohne Kritik.

  • Subjektivität: Glück ist individuell. Zwei Menschen in derselben Situation können ihre Lebenszufriedenheit völlig unterschiedlich bewerten.
  • Kulturelle Unterschiede: In manchen Kulturen neigen Menschen dazu, extremere Antworten zu geben, in anderen wird moderater geantwortet. Das kann Rankings verzerren.
  • Vereinfachung: Glück lässt sich nicht auf sechs Faktoren reduzieren. Dinge wie Spiritualität, Naturverbundenheit oder kulturelle Traditionen sind schwer messbar.
  • Gefahr der Instrumentalisierung: Regierungen könnten die Ergebnisse nutzen, um sich selbst zu loben, anstatt echte Verbesserungen umzusetzen.

Trotz dieser Grenzen liefert der WHR wertvolle Daten, die es so in dieser Form nicht gab.

Was wir aus der Glücksmessung lernen können

Auch wenn Glück subjektiv ist, zeigt der World Happiness Report immer wieder: Es gibt universelle Bedingungen, die das Wohlbefinden der Menschen fördern. Soziale Unterstützung, Vertrauen, Freiheit und Gesundheit sind für fast alle Kulturen entscheidend.

Gleichzeitig macht der Bericht deutlich, dass Glück nicht nur von individueller Einstellung abhängt, sondern auch von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Eine Politik, die auf Fairness, Nachhaltigkeit und soziale Sicherheit setzt, kann das Wohlbefinden einer ganzen Nation beeinflussen.

Fazit

Die Glücksmessung im Rahmen des World Happiness Reports ist ein einzigartiges wissenschaftliches Projekt, das weltweit Beachtung findet. Sie zeigt, dass Glück kein reines Zufallsprodukt ist, sondern eng mit sozialen, ökonomischen und politischen Faktoren verbunden ist. Auch wenn Glück immer subjektiv bleibt, ermöglicht der Report eine Annäherung an die Frage: Was macht Menschen wirklich zufrieden?

Damit liefert er nicht nur spannende Daten für Forscher, sondern auch Impulse für Politik, Gesellschaft – und für jeden Einzelnen von uns. Denn am Ende bleibt Glück immer eine persönliche Reise, die wir mitgestalten können.

Quellen

Helliwell, J., Layard, R., Sachs, J. & De Neve, J.-E. (Hrsg.). (2023). World Happiness Report 2023. Sustainable Development Solutions Network. https://worldhappiness.report

OECD (2020). How’s Life? 2020: Measuring Well-being. OECD Publishing. https://doi.org/10.1787/9870c393-en

Gallup (2022). Gallup World Poll Methodology. Gallup. https://www.gallup.com/analytics/318875/global-research.aspx

Diener, E., Oishi, S., & Tay, L. (2018). Advances in subjective well-being research. Nature Human Behaviour, 2(4), 253–260. https://doi.org/10.1038/s41562-018-0307-6

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