im Flow sein

Im Flow sein

Wie der Glückszustand entsteht und warum er dein Leben verändert

Zeit vergeht, manchmal quälend langsam – und manchmal so schnell, dass wir gar nicht bemerken, wie Stunden verfliegen. Letzteres passiert meist dann, wenn wir vollkommen in einer Tätigkeit aufgehen, die uns fordert, aber nicht überfordert. Genau dieses Eintauchen beschreibt die Flow-Theorie, die einer der wichtigsten Bausteine der modernen Glücksforschung und der Positiven Psychologie ist.

Der Psychologe Mihály Csíkszentmihályi (1934–2021) hat diesen Begriff geprägt. Er untersuchte, warum Menschen selbst in anstrengenden, risikoreichen oder extrem fokussierten Situationen Glück und Zufriedenheit empfinden können – und fand heraus: Flow ist einer der verlässlichsten Wege, um tiefe Erfüllung und nachhaltige Zufriedenheit zu erleben.

Was genau ist Flow?

Flow beschreibt einen Zustand völliger Vertiefung in eine Tätigkeit. Wir sind so konzentriert, dass wir Zeit, Raum und oft auch uns selbst vergessen. Gedanken an Sorgen, Zweifel oder Fehler verschwinden. Handeln und Bewusstsein verschmelzen. Erst im Rückblick wird uns klar, wie sehr wir in diesem Moment aufgegangen sind – und genau das erzeugt Glücksgefühle.

Typische Merkmale eines Flow-Erlebens:

  • völlige Konzentration auf die Aufgabe
  • ein Gefühl von Kontrolle und Leichtigkeit
  • die Zeit vergeht „wie im Flug“
  • die Tätigkeit wirkt lohnend an sich, unabhängig vom Ergebnis

Csíkszentmihályi hat in seinen Studien beobachtet, dass dieser Zustand bei Chirurgen im Operationssaal genauso entsteht wie bei Musiker:innen, Extremsportler:innen oder Künstler:innen. Heute wissen wir: Flow kann in fast allen Lebensbereichen auftreten – bei der Arbeit, beim Sport, beim Lernen oder in kreativen Prozessen.

Flow und Positive Psychologie

In der Authentic Happiness Theorie von Martin Seligman nimmt Flow eine zentrale Rolle ein. Seligman beschreibt drei Wege zum Glück:

Flow gehört zur dritten Dimension – Engagement. Menschen fühlen sich dann am glücklichsten, wenn sie ihre Stärken einsetzen und sich vollkommen in einer Tätigkeit verlieren. Im PERMA-Modell (Positive Emotion, Engagement, Relationships, Meaning, Accomplishment) ist Flow deshalb eng mit langfristigem Wohlbefinden verbunden.

Wann entsteht Flow? Die Balance von Herausforderung und Fähigkeit

Das Besondere am Flow: Er stellt sich nur ein, wenn eine Balance zwischen Anforderungen und eigenen Fähigkeitenbesteht.

  • Sind die Anforderungen zu niedrig, entsteht Langeweile.
  • Sind sie zu hoch, erleben wir Stress oder Überforderung.
  • Erst wenn beides im Einklang ist, gelangen wir in den Flow.

Ein klassisches Beispiel: Beim Klavierspielen kann ein Anfänger überfordert sein, wenn er sofort ein schwieriges Stück üben soll. Mit wachsender Übung steigt jedoch die Fähigkeit – und irgendwann erreicht er genau den Punkt, an dem die Herausforderung fordernd, aber machbar ist. Dann beginnt der Flow.

Die Wirkung von Flow auf Körper und Psyche

Flow ist nicht nur ein schönes Gefühl, er verändert messbar Körper und Geist:

  • Herzschlag und Blutdruck sinken, Atmung vertieft sich.
  • Endorphine und Dopamin werden ausgeschüttet – körpereigene Glücksbotenstoffe.
  • Stress reduziert sich, das Immunsystem stabilisiert sich.
  • Kreativität und Problemlösefähigkeit steigen.

Studien zeigen, dass Flow eng mit höherer Lebenszufriedenheit, Resilienz und Motivation verknüpft ist. Menschen, die regelmäßig Flow-Erlebnisse haben, berichten von gesteigertem Glücksempfinden und einer besseren psychischen Gesundheit.

Flow im Alltag kultivieren

Flow ist kein Zufallsprodukt – er lässt sich gezielt fördern. Die Positive Psychologie gibt dazu konkrete Ansätze:

  1. Eigene Stärken nutzen: Finde heraus, was dir leichtfällt und Freude bereitet (Stärkenanalyse, VIA-Charakterstärken-Test). Tätigkeiten, die deine Stärken aktivieren, sind Flow-Treiber.
  2. Realistische Herausforderungen suchen: Wähle Aufgaben, die dich fordern, aber nicht überfordern. Schrittweise Steigerung ist der Schlüssel.
  3. Ablenkungen ausschalten: Flow braucht Fokus. Handy weg, klare Zeitfenster schaffen.
  4. Zeitinventur machen: Analysiere deinen Alltag – was ist wirklich wichtig, was sind Zeitfresser? Räume bewusst Platz für Flow-Momente ein.
  5. Sinn finden: Flow verstärkt sich, wenn die Tätigkeit mit deinen Werten und Zielen übereinstimmt – sei es im Job oder im Privatleben.

Fazit: Im Flow sein heißt Glück erleben

Flow ist einer der direktesten Wege ins Glück. Er verbindet uns mit unseren Stärken, schenkt uns Sinn und lässt uns erleben, dass Zeit nicht nur verrinnt, sondern erfüllend gestaltet werden kann. Wer regelmäßig Flow-Momente erlebt, stärkt sein Wohlbefinden, seine Resilienz und seine Lebensfreude – und erschafft damit ein Glück, das bleibt.

Quellen

Csíkszentmihályi, M. (1990). Flow: The Psychology of Optimal Experience. Harper & Row.

Seligman, M. E. P. (2011). Flourish: A Visionary New Understanding of Happiness and Well-being. Free Press.

Nakamura, J., & Csíkszentmihályi, M. (2014). The concept of flow. In Flow and the foundations of positive psychology (pp. 239–263). Springer.

    Keller, J., & Bless, H. (2008). Flow and regulatory compatibility: An experimental approach to the flow model of intrinsic motivation. Personality and Social Psychology Bulletin, 34(2), 196–209. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18212330/

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