Weihnachtszeit: Essen ohne Stress
Warum bewusster Genuss an Weihnachten das ehrlichste Geschenk an dich selbst ist.
Kaum riecht irgendwo der erste Stollen, fängt es an: Menschen googeln plötzlich Kalorientabellen, als hinge das Fest davon ab. Dabei geht es an Weihnachten nie um die paar Tage selbst. Und schon gar nicht um die paar Plätzchen. Die Forschung ist da fast unverschämt eindeutig: Über die Feiertage nehmen Menschen im Schnitt etwa 370 Gramm zu. Das ist ein großes Glas Wasser. Kein Notfall.
Das eigentliche Problem ist nicht das Essen – es ist der Kopf, der dauernd kommentiert. Dieses „Darf ich das?“ im Nacken, das jeden Genuss begleitet wie ein schlecht austarierter Rauchmelder. Und genau dieses schlechte Gewissen ist es, das uns unklug essen lässt. Nicht der Zimtstern.[1]
Warum Verbote uns nicht helfen – und Genuss oft die bessere Wahl ist
Unser Körper mag keine Bedrohung. Sobald wir etwas „verbieten“, fährt er die Stresshormone hoch, als müssten wir gleich vor einem Bären wegrennen. Cortisol ist dabei nicht zimperlich: Es erhöht Appetit, senkt Sättigung und macht das ganze System unruhig. Und dann sitzt man plötzlich vor einer offenen Keksdose und wundert sich, wie man überhaupt dahin gekommen ist.[2]
Der Gegenspieler dazu ist Genuss – echter Genuss, nicht das hektische „Ich ess das jetzt schnell, bevor ich’s bereue“. Wenn wir wirklich schmecken, wird alles ruhiger: der Puls, der Kopf, das Essverhalten. Das ist kein Lebensrat, sondern Biologie. Ein Körper, der sich sicher fühlt, isst anders.
Wie Weihnachten uns manchmal zwingt, wieder normal zu essen
Das Schöne an der Weihnachtszeit ist, dass vieles von selbst langsamer wird – zumindest für ein paar Momente. Essen gehört oft dazu. Eine Tasse Kaffee, ein Plätzchen, dieses kurze Innehalten, bevor die nächste To-do-Liste um die Ecke biegt. Und genau hier passiert etwas Entscheidendes: Sobald wir wirklich wahrnehmen, was wir essen, brauchen wir weniger davon. Nicht, weil wir uns bremsen, sondern weil das Signal schneller ankommt.
Genuss ist nichts Mystisches. Er ist präzise. Ein guter Keks fordert keinen zweiten. Ein mittelmäßiger dagegen vier. Der Körper ist ziemlich klar darin, uns zu zeigen, wann etwas reicht – wir haben nur verlernt zuzuhören.
Warum gute Zutaten mehr können als jeder Vorsatz
Wenn man sich einmal die Zeit nimmt und wirklich hinschmeckt, merkt man schnell: Qualität ist kein Luxus, sondern ein Shortcut. Echte Butter sättigt. Gute Gewürze geben Tiefe. Mandeln, Orange, Kardamom – sie machen jeden Bissen runder und vollständiger. Und genau das sorgt dafür, dass man nicht im Tunnel isst.
Es geht nicht um „Clean Eating“ oder Bio-Perfektion. Es geht darum, dass Dinge, die gut gemacht sind, befriedigen. Industrielle Süße tut das nicht. Sie kitzelt, aber sie füllt nicht. Darum landet man bei billigem Weihnachtsgebäck so schnell in der Endlosschleife. Der Körper hat verstanden, dass da was fehlt – und fordert nach.
Selber machen, ohne daraus ein Lifestyle-Event zu bauen
Selbst gemachtes Essen hat einen eigenen Rhythmus. Nicht, weil es „gesünder“ ist, sondern weil wir automatisch bewusster sind. Man weiß, was drin ist. Man riecht die Zutaten. Man ist – ganz ohne großes Konzept – mehr beteiligt.
Ein Topf mit echtem Glühwein, ein paar Gewürze, eine Orange – und plötzlich schmeckt es nach Winter, nicht nach Zuckersirup. Das ist kein Gesundheitsdrink, aber einer, der sich nicht gegen dich verschwört.
Dasselbe gilt für Kleinigkeiten: ein paar Mandeln rösten, ein Gewürz mischen, ein Teig ansetzen. Das ist keine Selbstoptimierung. Es ist einfach ein besserer Einstieg ins Genießen.

Und was hat das jetzt mit „Sich selbst schenken“ zu tun?
Ziemlich viel. Denn in einer Zeit, in der wir anderen etwas schenken wollen, vergessen wir oft, dass unser eigener Körper mit im Raum sitzt. Und der hätte gern etwas anderes als Kalorientabellen: Ruhe. Besseren Geschmack. Weniger Kampf.
Bewusst essen heißt nicht „weniger essen“. Es heißt: sich ernst nehmen. Sich etwas gönnen, ohne nebenbei Angst zu haben. Und das ist, ehrlich gesagt, ein ziemlich gutes Geschenk an sich selbst. Keine große Geste. Kein Vorsatz fürs neue Jahr. Einfach ein bisschen mehr Frieden mit dem, was auf dem Teller liegt.
Weihnachten ist keine Diätfalle, es ist eine Einladung, wieder normal zu schmecken.
Wer aufhört zu kämpfen, isst klüger. Wer richtig genießt, braucht weniger. Und wer sich nichts verbietet, kommt entspannter durch die Wochen als mit jeder „Weihnachten-ohne-Zunehmen“-Strategie.
Vielleicht ist das am Ende die einfachste Wahrheit dieser Saison:
Genuss ist gesünder als Kontrolle. Und manchmal ist das Beste, was man sich schenken kann, ein bisschen mehr Gelassenheit.

WEIHACHTEN 2025
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Quellen:
[1] Díaz-Zavala, R. G., et al. (2017). Effect of the Holiday Season on Weight Gain: A Narrative Review. Nutrition Reviews, 75(7), 528–540. https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJM200003233421206
[2] Tomiyama, A. J. (2019). Stress and Obesity. Annual Review of Psychology, 70, 703–718. https://www.annualreviews.org/content/journals/10.1146/annurev-psych-010418-102936
